
Zwischen Honorar und Handshake: Ein Blick auf ein (vermeintlich) aussterbendes Thema. Kaum ein Thema sorgt unter Designer:innen für so viel Augenrollen und Schulterzucken wie das Nutzungsrecht. Und doch steckt darin nach wie vor viel Potenzial – sowohl finanziell als auch in puncto Wertschätzung unserer Arbeit.
Was sind eigentlich Nutzungsrechte?
Kurz gesagt: Wer ein Design in Auftrag gibt, kauft nicht automatisch „alles“. Die Designerin oder der Designer bleibt Urheber:in. Nutzungsrechte regeln lediglich, was, wo, wie lange und in welchem Umfang ein Design verwendet werden darf.
Beispiele:
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räumlich: nur in Deutschland oder weltweit?
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zeitlich: ein Jahr oder unbegrenzt?
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inhaltlich: für eine einmalige Kampagne oder für Produktverpackungen?
Diese Rechte können extra vergütet werden – und das sollten sie auch. Denn ein Logo, das fünf Jahre lang international auf Messen, Werbemitteln und Social Media eingesetzt wird, ist schlicht mehr wert als eine einmalige Einladungskarte.
Und trotzdem: Kaum jemand kalkuliert sie noch
Viele Kreative haben es aufgegeben, Nutzungsrechte zu berechnen. Die Gründe:
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Angst vor Diskussionen mit dem Kunden
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Unklarheit über gängige Tarife
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Komplexität der rechtlichen Lage
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oder schlicht: Zeitdruck und Pragmatismus
Und die Kunden? Die meisten wissen gar nicht, dass sie nicht automatisch alles bekommen – und freuen sich über Klarheit, wenn man es transparent kommuniziert.
Was spricht für eine faire Kalkulation?
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Sie schafft Transparenz und Professionalität
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Sie ermöglicht faire Nachkalkulationen bei neuen Nutzungen
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Sie zeigt: Gestaltung ist keine Flatrate
Was spricht dagegen?
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Die kreative Branche ist im Preiskampf – zu viele geben ihre Rechte pauschal ab
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Viele Agenturen verkaufen „Buy-outs“ automatisch – oft ohne weitere Erklärung
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Freelancer:innen müssen sich oft unter Wert verkaufen, um überhaupt beauftragt zu werden
Nutzungsrechte – ein Relikt von gestern?
Ein Kommentar aus der Praxis
Früher galt: Gestaltung = Honorar, Nutzung = Zusatzvergütung.
Heute gilt oft: Alles inklusive. Punkt.
Und genau das ist das Problem – oder die Realität, je nachdem, wie man es sieht.
Warum Nutzungsrechte kaum noch verkauft werden
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Der Markt ist schneller geworden. Kunden wollen sofort Klarheit über Gesamtkosten – und nicht über Rechteverwertung sprechen.
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Große Plattformen (z.B. 99designs, Canva, Fiver etc.) unterwandern systematisch das Konzept des Urheberrechts durch Komplettpakete.
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Agenturen rechnen oft pauschal mit Buy-outs – aus Bequemlichkeit oder wegen fehlender rechtlicher Sensibilität.
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Kund:innen erwarten „alles“, weil sie es aus anderen Bereichen so gewohnt sind (z. B. bei Fotos von Stockplattformen).
Und trotzdem: Das Konzept ist juristisch nicht veraltet
Rechtlich bleibt alles wie gehabt:
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Das Urheberrecht ist nicht übertragbar.
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Nutzungsrechte dürfen und sollen geregelt werden – das schützt beide Seiten.
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Auch Gerichte urteilen auf dieser Grundlage – egal, ob es im Angebot stand oder nicht.
Aber: Recht haben und Recht durchsetzen sind eben zwei Paar Schuhe.
Mein Fazit
Ja, Nutzungsrechte sind aus kreativer Sicht sinnvoll –
aber in der realen Verhandlungssituation oft nicht durchsetzbar.
Gerade Freelancer:innen verzichten zunehmend auf die Differenzierung,
weil es Zeit, Nerven und manchmal auch Jobs kostet.
Was bleibt?
- Wenn überhaupt, lassen sich Nutzungsrechte bei großen Budgets oder sehr werthaltigen Gestaltungen (z. B. Logos, Key Visuals) noch argumentieren.
- Oder man integriert sie als stillen Bestandteil in die Gesamtkalkulation – ohne sie groß zum Thema zu machen.