Offene Ausschreibungen für Grafikdesign-Dienstleistungen scheinen auf den ersten Blick eine gute Möglichkeit zu sein, neue Kunden zu gewinnen. Doch in der Realität gibt es erhebliche Nachteile, die sie oft unattraktiv oder unwirtschaftlich machen.

Design ist kein Discounter-Produkt.

Viele Ausschreibungen sind darauf getrimmt, den günstigsten Anbieter zu finden – nicht den besten Partner für die Aufgabe. Doch Design ist keine Ware, die man stapelweise im Sonderangebot einkaufen kann. Es ist eine kreative Dienstleistung, die strategisch wirkt, Marken aufbaut und Identität stiftet.

Wer ernsthaft arbeitet, kalkuliert fair. Wer Qualität liefert, braucht Spielraum – nicht Preisdruck. Dumpingpreise zerstören nicht nur den Wert der eigenen Arbeit, sondern auch das Vertrauen in den gesamten Berufsstand.

Wer Design nur nach Preis vergibt, bekommt selten den Wert, den er sucht.

Kostenlose Konzepte? Ein teures Missverständnis.

Ausschreibungen verlangen oft viel – und bieten wenig zurück. Stundenlange Konzeption, sorgfältige Entwürfe, detaillierte Angebote. Und all das, bevor überhaupt ein Gespräch stattgefunden hat. Ohne Briefing-Tiefe. Ohne Honorar. Ohne Garantie.

Was nach Chance klingt, ist in Wahrheit oft ein wirtschaftliches Risiko. Denn Kreativität ist kein Vorab-Geschenk. Sie ist ein professioneller Prozess, der Wert schafft – und deshalb auch Wert verdient.

Wer ständig kostenlos arbeitet, zahlt am Ende selbst drauf. Mit Zeit, Energie und Fokus, der für echte Projekte fehlen kann.

Wirklich gutes Design braucht Nähe – keine Blackbox.

In klassischen Ausschreibungen fehlt oft das Wichtigste: der direkte Draht. Kein Gespräch, kein gemeinsames Briefing, kein echtes Kennenlernen vor der Entscheidung.

Wie soll man so den Markenkern erfassen? Wie die echten Bedürfnisse verstehen – nicht nur das, was in einem PDF-Template steht?

Ohne diesen Austausch bleibt Design oberflächlich. Es wird zu Dekoration statt zu strategischer Gestaltung. Denn nur im Dialog lässt sich spüren, worum es dem Kunden wirklich geht. Nur so entsteht Design, das nicht nur gefällt, sondern trägt.

Wer glaubt, Design über eine anonyme Ausschreibung einkaufen zu können, verkennt den Kern kreativer Arbeit.

Gute Gestaltung entsteht nicht im luftleeren Raum – und schon gar nicht in einem Wettbewerb, bei dem Quantität über Qualität gestellt wird. Sie entsteht im Dialog, im gemeinsamen Denken, im Vertrauen. In Prozessen, bei denen sich beide Seiten einbringen und entwickeln.

Design ist kein Produkt von der Stange, das man aus einer Liste auswählt. Es ist das Ergebnis von Beziehung, Kontextverständnis und echtem Interesse. Wer diesen Prozess auf eine anonyme Massenbewerbung reduziert, spart vielleicht kurzfristig Geld – zahlt aber langfristig mit Ideenarmut, Beliebigkeit und fehlender Identifikation.

Die Ausschreibung ist tot – Zeit, neue bzw. alte Wege zu gehen

Wir Designer:innen kennen das Spiel: Ein Projekt wird ausgeschrieben, die Anforderungen sind diffus, der Zeitplan unrealistisch – und am Ende zählt vor allem der Preis. Kreativität wird in Excel-Zellen gepresst, der Mehrwert oft nicht verstanden.

Aber Hand aufs Herz: Wann hat sich so eine Ausschreibung das letzte Mal wirklich gut angefühlt? Eben.

Die Ausschreibung ist tot. Zumindest für alle, die gestalten wollen, statt nur zu liefern. Für alle, die echte Zusammenarbeit suchen, statt ständig um Sichtbarkeit zu kämpfen.

Die besten Projekte entstehen heute woanders – beim Gespräch auf dem Festival, durch eine gute Empfehlung, oder weil man den Mut hatte, einfach mal direkt Kontakt aufzunehmen.

Wer nicht mehr auf Glück in Ausschreibungsportalen hoffen will, beginnt damit, Beziehungen aufzubauen. Nachhaltig, strategisch und ehrlich. Aus Vertrauen entstehen Ideen. Aus Dialogen entstehen faire Budgets. Und aus echter Verbindung entsteht die Art von Arbeit, für die wir morgens aufstehen.

Die Zukunft gehört denen, die gestalten. Nicht denen, die warten.

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